Gedanken

GedankenGedankenGedankenGedankenGedankenGedankenGedan
ankenGedankenGedankenGedankenGedankenGedankenGedankenk
enGedankenGedankenGedankenGedankenGedankenGedankenGen
ankenGedankenGedankenGedankenGedanken 

 

Samstag, 7.Mai 2005 - 19h47
© Richard K. Breuer

 

Ein junger Musikus fragt Mozart, wie er schnellere Fortschritte beim Komponieren machen könne. Mozart nickt und empfiehlt ihm ein gründliches, freilich langwieriges Studium. Irritiert ob dieser Empfehlung, erwidert der Musikus: „Aber Ihr selbst habt doch bereits mit zwölf Jahren vortrefflichst komponiert.“ Darauf Mozart: „Aber ich hab auch keinen Hund g‘fragt, wie ich‘s machen sollt.“

Ein Ratgeber, der keiner sein möchte und deshalb Buddha über den Haufen knallen will.


Bevor Sie mit der weiteren Lektüre der nachfolgenden Gedanken fort- fahren, darf ich Sie bitten, die folgende Beiträge unter der Rubrik „Schreiben“ und „Schreibtipps“ auf der WebSite von Tom Liehr zu lesen oder wenigstens zu überfliegen.

Fertig? Na, das ging aber flott. Also, was haben Sie jetzt gelernt?
Das 90 % aller abgelehnten Manuskripte Mist sind? Ich hätte gemeint, dass 90 % aller akzeptieren Manuskripte Mist sind. Das heißt, dass von 100 Manuskripten ganze 180 Mist sind. Die Rechnung geht nicht auf, merken Sie‘s? Wie man es auch dreht, wendet, dreht und wieder wendet, ich befürchte, heutzutage wird nur noch literarischer Mist produziert – freilich im hübschen Hardcover, das man getrost weiter schenken kann, ohne sich lächerlich zu machen. Angeblich werden gerade mal zwei Prozent (in Zahlen: 2 %) aller gekauften Bücher fertig gelesen, etwa dreißig Prozent (in Zahlen: 30 %) widmen sich dem neuen Buch maximal zwanzig Minuten und der Rest, tja, der Rest wandert ins Bücherregal (noch in der Verpackung, damit es nicht angestaubt wird).

Jetzt machen wir ein kleines Rechenbeispiel:
Der kleine Thomas schreibt seit  frühester Kindheit (manche behaupten, er habe schon im Mutterbauch ordentlich umgerührt) und fabriziert nach seinem Studium der Germanistik ein "tolles Manuskript" (Zitat Thomas), in der die deutsche Sprache "gedehnt und gezerrt" wird. Der Verlag "Raubbau", der auf der Suche nach "postmortaler" Gegenwartsliteratur ist, erkennt das große Potenzial des "ungemein sprachbegabten Jungautors" und nimmt das Werk ins Programm auf. Der Roman erscheint in einer Auflage von etwa 1000 Stück und kann gemeinhin in jeder Buchhandlung gekauft werden (so das Buch dort aufliegt). Der Hobby-Schreiber entpuppt sich nun als Berufs-Schreiber, bekommt Flügel und posaunt diese Kunstwerdung in die literarische Welt. Überzeugt davon, dass er ein gutes Buch geschrieben hat (weil es ja verlegt wurde), schlägt er ein Pfauenrad. Wir besehen uns sein Buch und kramen unsere Statistik hervor (die bekanntlich nicht lügt, da es ja unsere ist): etwa 180 % aller Manuskripte sind Mist. Demzufolge ist die Wahrscheinlichkeit, dass unser nun groß gewordener Thomas ein gutes Buch geschrieben, vernach- lässigbar gering und strebt gegen Null (in Zahlen: etwa 10 -18). Der „sich selbst erfolgreich machende Schriftsteller“ schüttelt selbstjafreilich den Kopf und gibt zu bedenken, dass es nur eine kleine Minderheit ist, die es schafft, von einem renommierten Verlag verlegt zu werden. Wir zucken mit der Schulter und blättern sein Buch durch.

Jetzt stellt sich für uns die Frage, wann ein Schriftsteller denn nun erfolg- reich ist? Sind es die Verkaufszahlen? Hm?! Die sagen bekanntlich nichts anderes aus, als dass ein Buch von der breiten Masse gekauft (nicht: gelesen) wird. Wenn wir davon ausgehen, dass die Gesellschaft generell verblödet (Vorsicht: wir gehören alle zur Gesellschaft!), dann verblödet doch die breite Masse am schnellsten, oder? Ein Blick auf die Statistik (ah, schon wieder eine), die die Zahl der Analphabeten in den zivilisierten Ländern preisgibt, genügt. Mit anderen Worten: einen Bestseller zu produzieren bedarf eigentlich keines großartigen literarischen Talents (vermutlich ist das sogar hinderlich) und schon gar nicht eines Genius – am ehesten sollte man auf der gleichen (intellektuellen) Stufe stehen wie sein Zielpublikum. Damit ist das Profil des „erfolgreichen Schriftstellers“ eigentlich schon gezeichnet – und Sie wollen nun tatsächlich von diesem Kerl bzw. dieser Kerlin Tipps und Tricks, wie Sie ein Buch schreiben? Vergessen Sie‘s! Der Witz ist der, dass kein (wirklich) erfolgreicher Schriftsteller sich die Mühe machen würde, jemanden zu erklären, wie's geht. Man stelle sich vor: Elfriede Jelinek sitzt im Café Korb (dort habe ich Sie doch tatsächlich mal gesehen) und gibt verzweifelten Hobby-Literaten Tipps, wie man es richtig macht. Unvorstellbar, oder?

Den einzigen Tipp, den ich Ihnen geben kann (was mich natürlich Lügen straft - jetzt hoffe ich, dass Sie nicht einen Buddha in mir sehen und mich auf der Straße abknallen, falls wir uns über den Weg laufen):

Tun Sie das, was Ihnen Ihr Herz befiehlt! Und wenn Sie mir jetzt sagen, dass Ihr pochendes Herz noch nie etwas gesagt hat, dann haben Sie hiermit auch schon die Antwort!

{Übrigens: ich suche eine kleine Mansardenwohnung im literarischen Olymp. Sie sollte in ruhiger Lage sein, nicht zu sonnig aber auch nicht zu dunkel und kein Haus kosten. Meine Muse möchte zusätzlich noch eine geräumige Terrasse oder kleinen Garten für ihre Rosenzucht.  Bitte nur ernstgemeinte Angebote unter Chiffre: "das neue Schnitzerl" "der neue Schnitzler"}

 

[zurück]